Das ist einer der häufigsten Sätze, den man als Hundehalter hört – oftmals gepaart mit einem Hund, der im gestreckten Galopp auf uns zukommt, den Blick auf meinen Hund fixiert, die Rute hoch erhoben und jeder Muskel angespannt. Da stellt sich doch die Frage, ob der wirklich nur Hallo sagen will…?!
Wenn dein Hund auf eine Annäherung wie oben beschrieben reagiert, indem er knurrt, bellt oder sogar beisst, dann ist der nächste Satz meistens: „Der hat ja ein gestörtes Sozialverhalten! Meiner wollte nur Hallo sagen!“.
Aber ist das wirklich der Fall? Zeichnet sich Sozialverhalten dadurch aus, dass alle fremden Hunde freudestrahlend empfangen werden?
Der Grossteil der Hunde, die auf der Welt leben, leben nicht wie unsere Hunde mit dem Menschen zusammen im Haus, werden nicht täglich spazieren geführt und besuchen auch keine Hundeschule. Die Mehrheit der Welthundepopulation lebt in der Natur, auf der Strasse, in der Nähe von Siedlungen und unter Hunden. Wenn wir uns diese Hunde genauer anschauen, dann können wir feststellen, dass sie in einer kleineren oder grösseren Gruppe zusammenleben.
Darum leben Hunde in Gruppen
Denken wir mal umgekehrt!
Trifft ein Hund auf Artgenossen, dann beobachten wir meistens kein Sozialverhalten.
Es ist eine Form von Territorialverhalten. Denn es handelt sich dabei nicht um seine eigene soziale Gruppe, nicht um seine Sozialpartner. Andere (insbesondere gleichgeschlechtliche) Hunde sind potenzielle Konkurrenten um ein Territorium und um die darin enthaltenen Ressourcen.
Mein Hund hat doch sein Territorium!
Auch unsere Haushunde haben nach wie vor das Bedürfnis nach Sicherheit. So wie wir mit unseren Vierbeinern zusammenleben, ist es für sie aber nicht möglich, ein sicheres Territorium zu bewohnen, indem sie nur mit ihrer eigenen sozialen Gruppe, also uns, zusammenleben und Konflikten mit Artgenossen aus dem Weg gehen können.
Zieht ein Hund bei uns ein, sei es ein Welpe oder ein erwachsener Hund aus dem Tierschutz, dann können wir häufig beobachten, wie gut Hunde diese geruchliche Kommunikation über die Markierungen verstehen, denn dann gibt es oftmals Situationen, in denen die Hunde nicht weitergehen möchten. Sie verstehen, dass sie nicht mit offenen Armen empfangen werden, sollten sie auf den Hund treffen, der hier schon vor ihnen regelmässig markiert hat.
In den ersten Tagen oder Wochen wird dann meist auch noch nicht markiert, die Hunde versuchen nicht aufzufallen. Merken Sie dann aber, dass sie nun anscheinend länger hier wohnen werden, sind sie beinahe gezwungen, über das Markieren Anspruch auf das Gebiet zu erheben, um sich wieder sicher fühlen zu können.
Gerade weil unsere Hunde meistens an der Leine geführt werden, haben sie nicht die Wahl, den anderen Hunden aus dem Weg zu gehen. Und genau hier fängt das Problem an. Wir überlaufen geruchliche Grenzen, ohne eine Ahnung davon zu haben, in welchen Zwiespalt wir unsere Hunde damit bringen. Weiter zwingen wir unsere Hunde dazu, Kontakt mit anderen Hunden zu haben, denn es wurde uns ja so gelehrt, dass ein Hund möglichst viele Sozialkontakte braucht.
Zwingst du deinen Hund nun vermehrt in solche Situationen, die er gar nicht möchte, wird er schleichend eine Leinenaggression entwickeln oder fremde Hunde schon von weitem verbellen und anknurren.
Man kann sich nicht langfristig aus dem Weg gehen
Wenn die Hunde sich dann persönlich begegnen und sie die Erfahrung gemacht haben, dass sie sich nicht langfristig aus dem Weg gehen können, dann entstehen genau diese Situationen, in denen Menschen sagen „Meiner will nur mal Hallo sagen!“. Das kann je nach Hundepersönlichkeit ganz unterschiedlich aussehen.
Es gibt Hunde, die mit hocherhobener Rute angeprescht kommen und sich direkt aufbauschen oder diejenigen, die sich mit gesenktem Kopf und gerader Rute fixierend anschleichen und dann losschiessen. Sie wollen damit klar machen, dass wir hier nichts verloren haben.
Aber es gibt auch Hunde, die mit angelegten Ohren und niedrig wedelnder Rute angelaufen kommen, um zu beschwichtigen. Sie kommunizieren, dass sie keinen Ärger wollen. Bei diesen Hunden wird dann häufig gesagt: „Mein Hund liebt alle Hunde“ – dabei möchte dieser Hund nur vorsorglich beschwichtigen, um einen Konflikt zu vermeiden.
Dann gibt es Hunde die wollen nicht beschwichtigt werden, sie möchten, dass der andere Hund so schnell als möglich aus Ihrem Territorium verschwindet. Das ist auch der Grund, warum Konfliktsituationen entstehen, denn unsere Hunde haben unterschiedliche Strategien entwickelt, miteinander umzugehen.
Braucht mein Sozialkontakt?
Begegnungen mit fremden Hunden sind in aller Regel erstmal spannungsgeladen. Bis Hunde wirklich miteinander spielen, braucht es in der Regel mehrere Begegnungen in einer entspannten Umgebung. Auch Hunde müssen sich kennenlernen und Vertrauen zueinander aufbauen können.
Fremdhunde spielen in den seltensten Fällen miteinander. Das vermeintliche Spiel, dass viele Hundehalter so interpretieren ist ein Gezappel, um die Situation zu entschärfen, es hat rein gar nichts mit Spiel zu tun. Ein Spiel kennzeichnet sich immer dadurch, dass die Spielrollen schön verteilt und ausgeglichen sind.
Dein Hund braucht also keinen Kontakt zu Fremdhunden, dein Hund braucht vor allem Kontakt zu seiner eigenen sozialen Gruppe. Es reicht vollkommen aus, wenn dein Hund ein, zwei bekannte Hundefreunde hat, die er regelmässig trifft.
Die Regeln das schon unter sich
Hörst du diesen Satz, dann schleunigst weg. Hunde regeln es nicht unter sich, lässt du deinen Hund in einer solchen Situation alleine und er bekommt in einer Situation erheblichen Stress oder wird sogar gebissen, ist das ein tiefer Einschnitt in eure Beziehung. Für deinen Hund ist es ein Zeichen, dass er sich nicht auf dich verlassen kann und wird dir somit auch nicht mehr Vertrauen. Das sind dann die Hunde, die denken, ich regle das alleine, mein Mensch tut ja sowieso nichts.