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Positive und negative Verstärkung im Hundetraining

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Ich beschäftige mich bereits viele Jahre mit Hundeerziehung. Seit, Mayas Einzug, aber noch viel intensiver.  Sie kommt aus schlechter Haltung und wurde damals auch mit Gewalt erzogen. Im Umgang mit Maya hat man gemerkt, dass Sie überhaupt kein Vertrauen zu Menschen hat. Auch nach über zwei Jahren ist sie fremden gegenüber sehr reserviert und unsicher. Bei der Erziehung von Maya setze ich auf positive und negative Verstärkung und die möchte ich dir heute näher bringen.

Was sind Verstärker?

 

Der Hund lernt an den Folgen (Verstärker) seines Verhaltens.

  • Positive Verstärker sind für den Hund angenehm, sind also belohnend und führen somit dazu, dass der Hund ein bestimmtes Verhalten öfters zeigen wird.
  • Negative Verstärker sind für den Hund unangenehm und somit bestrafend. Negative Verstärker führen dazu, dass der Hund ein bestimmtes Verhalten seltener zeigen soll.

In der Theorie klingt das sehr einfach. Für die erfolgreiche und vor allem hundefreundliche Anwendung in der Praxis, gibt es aber noch einiges an Hintergrundwissen, das man sich unbedingt aneignen sollte – vor allem wenn man über die Anwendung von Strafe nachdenkt.

Belohnung und Strafe

Um die Ansätze genauer zu betrachten, teilen wir die Belohnung sowie auch die Strafe je in „positiv“ und „negativ“ auf. Somit erhalten wir insgesamt vier verschiedene Verstärkertypen, die ein Verhalten beim Hund entweder wahrscheinlicher oder unwahrscheinlicher machen können.

Wichtig! Positiv und negativ sind nicht als „gut“ und „schlecht“, sondern rein mathematisch zu betrachten:

  • positiv = etwas hinzufügen
  • negativ = etwas entfernen

Die positive Belohnung – etwas Angenehmes hinzufügen

Aus der Sicht des Hundes handelt es sich bei der positiven Belohnung um belohnende Reize – der Hund hat Freude!

Beispiele einer positiven Belohnung

Wenn du deinen Hund rufst und er kommt, gibt dafür ein Leckerli. Es ist also positive Verstärkung.  Die positive Verstärkung läuft aber nicht nur über Futter, sondern kann auch folgendes sein: Ein Lieblingsspielzeug, ein Spiel mit dem Hundehalter, ein Spiel mit einem Hundekumpel, nach Mäusen buddeln und vieles mehr.

Belohnende Reize teilen wir wieder in zwei Varianten auf:

Primäre Verstärker

Alles, was der Hund an Lebensgrundbedürfnissen benötigt.

Also alles, was für den Hund von Natur aus belohnendem Charakter hat:

z.B. Futter, Wasser, Spielen, Rennen, Schlafen, Sexualpartner usw.

Sekundäre Verstärker

Dies sind Trainings-Werkzeuge wie z.B. ein Clicker oder das konditionierte Lobwort. Beides sind sogenannte Markersignale, die klassisch konditioniert werden und dem Hund einen primären Verstärker (natürliche Belohnung) ankündigen.

Sekundäre Verstärker werden im modernen Hundetraining weltweit sehr erfolgreich eingesetzt. Sie ermöglichen uns, auch auf Distanz, dass erwünschte Verhalten des Hundes punktgenau zu markieren und zu belohnen.

Die negative Belohnung – etwas Unangenehmes entfernen

Bei der negativen Belohnung handelt es sich um unangenehme Reize, die auf deinen Hund einwirken und bei Entfernen dieser zur Erleichterung führen.

Dies mag auf den ersten Blick harmlos klingen, basiert aber auf einer unschönen Trainingsgrundlage:

Um etwas Unangenehmes entfernen zu können, musst du den Hund zuerst in eine für ihn unangenehme Situation bringen – sonst funktioniert diese Methode nicht. Man setzt den Hund immer wieder Situationen aus, in welchen es ihm nicht gut oder sogar schlecht geht – um dann das Gefühl von „Erleichterung“ als Belohnung zu nutzen.

Der Wohlfühlfaktor stellt für ein erfolgreiches Hundetraining ein sehr wichtiges Kriterium dar. Dies ist aber bei der negativen Belohnung nicht gegeben. Deshalb kann das Lernen nicht optimal stattfinden.

Beispiel einer negativen Belohnung:

  • Um dem Hund „Sitz“ beizubringen, können wir ihn mittels Druckes auf den Rücken in das „Sitz“ drängen. Um dem unangenehmen Druck zu entweichen, setzt sich der Hund hin, wonach wir den Druck entfernen und der Hund eine Erleichterung verspürt.

Die positive Strafe – etwas Unangenehmes hinzufügen

Die positive Strafe ist für den Hund immer unangenehm und äusserst umstritten.

Je nach Anwendung ruft sie beim Hund Gefühle wie Unsicherheit, Angst oder sogar Schmerzen hervor.

Sehr unschöne Gefühle, die wir keinesfalls auf die leichte Schulter nehmen sollten – selbst wenn wir sie vielleicht glücklicherweise schon lange nicht mehr am eigenen Leib gespürt haben.

Der Wohlfühlfaktor, das Gefühl von Sicherheit und kein Stress sind wichtige Voraussetzungen, damit Lernen überhaupt möglich ist.

Wenn du mit Strafen arbeitest, sind diese Voraussetzungen nicht gegeben und es führt zu Lernblockaden. Es kann so nicht das Maximum aus dem Hundetraining herausgeholt werden.

Richtig strafen ist viel schwieriger als man denkt

Ein weiteres Problem liegt darin, dass das korrekte Anwenden der positiven Strafe viel schwieriger ist als die meisten denken.

Damit die positive Strafe korrekt angewendet werden kann, müssten alle vier der folgenden Regeln gleichzeitig gelingen müssen, damit der Hund die Strafe überhaupt versteht und mit der richtigen Handlung in Verbindung bringen kann.

Die 4 Regeln der positiven Strafe

  • Die Strafe muss sofort (innert 0.5 bis 1 Sekunde) erfolgen, damit der Hund sie mit dem unerwünschten Verhalten verknüpfen kann (kommt die positive Strafe zu früh oder zu spät, folgen Fehlverknüpfungen, was zu zusätzlichen, vielleicht sogar grösseren Problemen führen kann)
  • Die positive Strafe muss stark genug sein, um das Verhalten des Hundes zuverlässig zu unterbinden (und gerade das Fine Tuning ist dabei sehr schwierig anzuwenden – zu wenig nützt nichts und zu viel kann den Hund so sehr erschrecken, dass weitere Probleme folgen können, zudem befinden wir uns hier sehr schnell im tierschutzwidrigen Bereich!)
  • Die positive Strafe muss jedes Mal erfolgen, wenn der Hund das bestimmte Verhalten zeigt (also immer, egal, wo wir uns gerade befinden – ansonsten verfällt der Hund in eine erlernte Hilflosigkeit)
  • Die positive Strafe darf nur mit diesem Verhalten verknüpft werden (sie sollte keinesfalls mit dem Halter oder mit anderen anwesenden Personen, andere Hunde, Geräuschen, Gerüchen etc. in Verbindung gebracht werden)

Die oben genannten Punkte zeigen auf wie schwierig eine korrekte Anwendung der positiven Strafe ist. Wer ganz ehrlich mit sich selbst ist, muss zugeben, dass das eine echt grosse Herausforderung ist.

Das Risiko, dass Fehler passieren, welche zu zusätzlichen Problemen führen, ist einfach zu gross!

Positive Strafe löst keine Probleme, sie werden höchstens unterdrückt

Positive Strafe verändert beim Hund nicht die zu Grunde liegende Motivation (Ursache) ein bestimmtes Verhalten zu zeigen. Eine Strafe unterdrückt das Verhalten nur vorübergehend. Das Resultat ist demnach äusserst ernüchternd.

Ein Beispiel: Angst, Frust und Schmerzen sind die häufigsten Ursachen für Aggressionsverhalten.

Aber keines dieser Gefühle kann man abstrafen oder verbieten. Man kann höchstens die Reaktion auf diese negativen Gefühle, also z.B. das aggressive Verhalten unterdrücken.

Das wirkt aber nur kurzfristig, denn das negative Gefühl, bzw. die Ursache für das unerwünschte Verhalten des Hundes bleibt vorhanden – staut sich vielleicht sogar auf und entlädt sich umso heftiger.

Viel besser ist es, mit der klassischen Konditionierung zu arbeiten, indem man an den Emotionen arbeitet und somit die Ursache behebt. Das wäre aber ein Fall für eine fachgerechte Verhaltenstherapie.

Zudem sollte man sich bewusst sein, dass der Hund durch eine Strafe nur lernt, was er nicht tun soll. Was aber anstelle von ihm erwartet bzw. erwünscht wird, erfährt er durch die positive Strafe nicht. Eine sehr unschöne Situation für den Hund.

Durch positive Strafe erreichen wir meist Folgendes:

Positive Strafe löst meist eine negative emotionale Reaktion aus. Diese negativen Gefühle können leicht auf andere Menschen oder Situationen übertragen werden. So kann beim positiven Strafen einiges schief gehen:

  • Die Mensch-Hund-Beziehung wird belastet
  • Eine erhöhte Ängstlichkeit kann beim Hund
  • Der Hund kann die eigenen Bedürfnisse nicht mehr mitteilen
  • Durch Strafe kann der Hund abstumpfen
  • Strafe kann zu chronischen psychosomatischen Erkrankungen wie eine Depression und erlernte Hilflosigkeit beim Hund führen
  • Der Hund lernt durch aggressive Vorbilder, nämlich uns, selbst aggressiv auf die Umwelt einzuwirken. Spätestens ab da, kann es auch für den Besitzer und sein Umfeld sehr gefährlich werden!

Es ist schnell passiert

Es kann wohl keiner von uns behaupten, dass er die positive Strafe noch nie anwendet hat. Denn lerntheoretisch betrachtet, ist bereits das Anschreien ein (Hinzufügen von etwas Unangenehmen) eine positive Strafe. Doch wie schnell rutscht uns ein lautes oder gar wütendes „NEIN!“ raus – In dieser „milden Form“ kann uns die positive Strafe allen passieren.

Die positive Strafe sollte auf gar keinen Fall unsere Strategie sein, um unseren Hund zu erziehen oder um ein Problem zu lösen. Merke dir: Gewalt fängt da an, wo wissen aufhört.

Negative Strafe – etwas Angenehmes entfernen

Die negative Strafe fügt dem Hund weder Schmerzen zu, noch versetzt sie ihn in einen Angst- oder Stresszustand. Jedoch ist auch die negative Bestrafung eine Strafe und wir sollten sie nur bewusst und nicht zu oft anwenden.

Was bewirkt die negative Bestrafung?

Sie ruft beim Hund die Emotion Enttäuschung oder sogar Frust hervor.

Indem wir dem Hund einen positiven Reiz, den er gerade sehr gerne haben möchte nicht geben“ oder „entziehen“ sobald er unerwünschtes Verhalten zeigt. (z.B. unsere Aufmerksamkeit oder Spielzeug)

Beispiel einer negativen Strafe:

Dein Hund springt an dir hoch, er fordert deine Aufmerksamkeit. In diesem Moment (auch hier ist Timing elementar!), wendest du dich von ihm ab und ignorierst ihn. Das heisst, nicht anschauen, nicht anfassen, nicht mit ihm sprechen und somit bestrafst du ihn negativ.

Sowie der Hund ruhiges Verhalten zeigt (der Hund setzt sich zum Beispiel hin), schenken wir ihm sofort wieder unsere Aufmerksamkeit und belohnen ihn somit positiv. Damit teilen wir dem Hund klar mit, dass sich das Verhalten „an uns Hochspringen“ für ihn nicht lohnt, sich hinsetzen dagegen schon.

Das solltest du bei der negativen Strafe beachten

Enttäuschung und Frust sind starke Gefühle. Darum ist es bei der Anwendung der negativen Strafe wichtig, den Hund über die operante Konditionierung sofort positiv zu belohnen sobald er eine Verhaltensweise zeigt, die wir von ihm gerne sehen, z.B. sich hinsetzen.

Wie gesagt, auch hier ist das richtige Timing elementar, damit der Hund versteht, was wir von ihm wünschen: Verhalten X lohnt sich nicht, Verhalten Y hingegen schon. Der Hund lernt also immer auch gleich ein Alternativverhalten mit – was allen Beteiligten sehr zu Gute kommt.

Frustrationstoleranz

Nicht alle Hunde können mit Frust gleich gut umgehen. Darum ist es so wichtig, dass wir den Hund in seiner Enttäuschung/Frust nicht „hängen lassen“ und das erwünschte Verhalten sofort belohnen. Bei Hunden mit geringer Frustrationstoleranz kann der Frust in Aggressionsverhalten kippen. Hat ein Hund eine schlechte Frustrationstoleranz, sollte professionelle Hilfe gesucht werden.

Was wir gelernt haben

Es gibt verschiedene Möglichkeiten einem Hund etwas beizubringen oder abzugewöhnen. Da wir unseren Hund lieben und eine partnerschaftliche, faire Beziehung zu ihm aufbauen und auch langfristig halten möchten, sollten wir uns genau überlegen wie wir mit ihm interagieren, im Alltag sowie im Hundetraining – denn Hunde lernen bekanntlich immer.

 Warum sollten wir uns der beiden roten Methoden bedienen, wenn uns auf der anderen Seite zwei freundliche und durchaus effektive Methoden zur Verfügung stehen, die unsere Beziehung zu unserem Liebling sogar stärken?

Die Art und Weise, wie wir mit unseren Hunden umgehen, bestimmt die Emotionen, mit welchen unsere Hunde durch ihr Leben gehen dürfen. Es liegt auf der Hand, dass die Emotionslage eines Lebewesens grossen Einfluss auf dessen Charakter und Lebensqualität hat.

Arbeit mit besonders schwierigen Hunden

Oft hört man, dass bei besonders schwierigen Hunden nur die positive Strafe oder die negative Belohnung funktioniere.

Doch, die sogenannten „besonders schwierigen Hunde“ sind in der Regel besonders sensibel oder besonders ängstlich. Selbst wenn das von aussen nicht immer sofort erkennbar ist, stehen sie unter negativem Stress.

Wenn wir verstehen, was für Emotionen die positive Strafe und die negative Belohnung beim Hund auslösen, sollte uns klar sein, wieso wir mit diesen beiden Methoden auch bei diesen schwierigen Hunden nicht arbeiten sollten. Denn sie führen nachhaltig nicht an das gewünschte Ziel.

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